Geschleppt: ICE4 und KISS

Als ich am 15.1.2019 heim kam, fiel mir die Sichtungsmeldung aus Neuhof über einen abgeschleppten ICE auf. Blick auf die Uhr, ein bisschen rechnen. Oh, dass wird knapp. Kamera geschnappt und an die Strecke etwas nördlich von Göttingen gefahren, wo man sowohl die Hannoversche Südbahn als auch die Schnellfahrstrecke einsehen kann. Wenn die Fuhre irgendwo etwas aufgehalten wurde, müsste ich wohl eine Chance bekommen und so habe ich eine Weile im Regen ausgeharrt.
Als erstes kam ein unangekündigter Beifang, der mich mit dem Regen versöhnte.

railadventure 111 222 schleppt zwei KISS Triebzüge für Schweden auf der alten Strecke Richtung Norden

Danach dauerte es nicht mehr lange und es kam die 115 mit ihrer langen Last.

115 198 schleppt 412 008 Richtung Hamburg

Danach bin ich aber dann auch gleich heim, um aus den durchnässten Klamotten raus zu kommen.

Sonderzug nach Hamburg

Manchmal muss man gar keinen großen Aufwand treiben, um was rares vor die Linse zu bekommen. Da ich ohnehin wach bin und nicht wieder einschlafen kann, frühstücke ich gemütlich und folge einem Lead aus einer Facebookgruppe. Ein Sonderzug aus Mainz zum Hafengeburtstag soll Göttingen passieren. Fahrzeiten haben die Eisenbahnfans nicht bekommen, aber aus den Eckdaten errechne ich ein Zeitfenster von etwa einer halben Stunde.

Der Zug wird von einer Bügelfalten-E10 von 1965 geführt, in meiner Jugend das Paradepferd der DB. Heute gibt es nur noch wenige Exemplare in privater Hand.  Die 110 833 gehört der schweizer Bahngesellschaft Centralbahn und ist in Rheingoldfarben lackiert. Sie kommt manchmal vor dem classic courier derselben Firma zum Einsatz, einem Nostalgiepullmannzug. Sie ist die einzige E10, die bis 160 km/h zugelassen ist und LZB (Linienzugbeeinflussung) hat. Somit kann sie auf modern ausgerüsteten Strecken verkehren, wo sonst keine Museumsloks drauf dürfen. Am 17.5.2017 lichte ich sie auf der Hannoverschen Südbahn bei Nörten ab.

CCB 110 833 bei Nörten-Hardenberg am 17.5.2017


FD125 Gambrinus in Hagen

Manchmal ist es wirklich faszinierend, was man heute dank des Internets noch alles herausfinden kann.

Der Anlass: Im Drehscheibe Forum bringt einer eine Beitragsserie zu den Loks der Baureihe 112, eine schnelle E-Lok, die eine variantenreiche Geschichte hat. Der Autor scheint von fast jedem individuellen Exemplar ein oder mehrere Bilder zu haben und so werden Umbauten und Veränderungen erkennbar. Er geht die Ordnungsnummer der Reihe nach durch. Teil 4 seiner Serie beginnt mit 112 485. Die Bilder hat er schon vor längerer Zeit veröffentlicht. Ich habe sie aber erst heute durch Zufall gesehen, weil ich nicht die Zeit habe, ständig dieses Forum zu lesen.

Sein ältestes Bild von der Lok ist vom Januar 1979, Das jüngste von 1990. Diese Lok hat sich in der Zeit äusserlich wenig verändert. Sie war in den beige/roten TEE-Farben lackiert. Technisch wurde sie mehrfach umgerüstet und den Baureihen 114 oder 110 zugeordnet.

Ich habe auch ein Bild der Lok, aufgenommen mit Vaters oller 6×6 Rollfilmkamera. Ein Bild, auf das ich seinerzeit sehr stolz war und dessen Negativ ich erst kürzlich wieder gefunden habe.

112 485 bei der Einfahrt in Hagen Hbf

Seitdem ich meine Bilder verschlagwortet habe, finde ich so was ja auch leicht wieder und so entschließe ich mich, dem Autor eine Ergänzung zu schicken. Mein Bild, wohl aus dem Jahre 1970 zeigt die Lok nämlich noch mit stromlinienförmig verkleideten Puffern und unterer Schürze. Beides war schon 1979 nicht mehr vorhanden.

Das Bild ist am Südende des Hagener Hauptbahnhofs gemacht. Schaut man sich den Ort im Satellitenbild an, dann ist zwar das Postgebäude, heute in roter Farbe, noch dort, aber die Brücke nicht. Den genauen Aufnahmestandpunkt kann man aber finden, wenn man den Hagener Bahnhof bei Google Earth in den Satellitenbildern von 2002 betrachtet oder in den NRWbahnarchiv Karten mit Orthofotos als Hintergrund. Da war die Brücke noch vorhanden.

Hat man den Standpunkt und damit die Himmelsrichtung der Gleise (Hagen Hbf liegt im Bogen) kann man aus dem Schatten schließen, dass das Bild am Nachmittag aufgenommen sein muss im Herbst oder Winter.

Welcher Zug war das nun? Das Kursbuch vom Winter 1970 hab ich natürlich nicht. Aber in einem sogenannten Westmärker Wiki gibt es eine Tabelle aller Fernzüge auf der Strecke Hagen Dortmund. Es kommt nur der F125 Gambrinus von München nach Hamburg in Frage. Abfahrt in Hagen 15:49 kann man dann auf einer Seite für Modellbahner rausfinden. Dort erfährt man, dass es diesen längsten Lauf aller westdeutsche Fernzüge schon ab 1952 gab. Sie haben ein Bild von dem berühmten Eisenbahnfotografen Carl Bellingrodt aus dem Jahr 1952 auf dem die Dampflok 03 114 den Zug mit 4 Wagen zieht. 10 Jahre später bespannt eine V200 Diesellok einen 5-Wagen-Zug. 1970 ist die E-lok in meinem Bild das vorgesehene Zugpferd für einen Zug, der nun 10 Wagen führt. Es ist ein reiner 1.Klasse Zug. Im Jahre 1972 wird aus dem Fernschnellzug ein IC, der IC 112 Gambrinus. 1978 kommt er gar zu TEE-Ehren, obwohl es kein internationaler Laufweg ist. 1983 fährt er nur noch bis Stuttgart und das nur als IC, jetzt auch mit 2. Klasse Waggons. Ab 1991 gibt es zwar einen ICE Gambrinus von München nach Hamburg, der aber nicht mehr durch das Ruhrgebiet fährt sondern über Göttingen. Heute gibt es keinen Zug in dieser Tradition mehr.