V200

In der markanten Gestaltung der Front ähnlich legendär wie der VT11.5, wurde die Diesellok V200 schnell zum Symbol des Traktionswandels bei der Bundesbahn.

053 059-2 neben 220 062-4 in Crailsheim

Genau dieses Nebeneinander von Dampf und Diesel war sicherlich der Grund hier mal auf den Auslöser zu drücken. Das Bild entstand im Sommer 1972. Die als 50 3059 im Jahre 1943 bei Krupp gebaute Dampflok wurde noch im November des gleichen Jahres ausgemustert. Die 1959 bei Krauss-Maffei gebaute V200 (220 062-4) wird 1975 nach Norddeutschland versetzt werde, wo sie noch bis 1984 im Dienst steht.

Das Aussehen der V200 war so attraktiv, dass sich Modelle der Lok gut verkauften und so war denn auch die zweite Lok auf meinen Modellbahngleisen das Märklin Modell 3021 in der ab 1960 gebauten Variante mit 3 Stirnlampen. Das Vorbild kannte ich als kleiner Junge jedoch nur von Bildern.

Erst 1969, als ich mich mal mit meiner Kodak Instamatik Kamera in den Rundschuppen des BW Hagen-Eckesey schlich, bekam ich die 220 075-6 vor die Linse. Und weil der Schuppen wohl seit dem Krieg kein Dach mehr besaß, ist das Bild brauchbar belichtet. Es leidet natürlich wie alle Bilder aus der Billigkamera unter der Fixfokusobjektiv und der Sucherparallaxe, durch die man nie wirklich wusste, was auf das Bild kommen würde. Diese Lok wurde nach ihrer Ausmusterung an eine französische Baufirma verkauft, für die sie in Frankreich und Algerien bis 1999 ihren Dienst verrichtete.

220 075-6 im BW Hagen-Eckesey, 1969

Als Nostalgiezugreisen.de für den 9.2.2019 eine Sonderfahrt von Köln über Minden nach Wernigerode mit zwei V200 als Zugloks ankündigte, landete der Termin gleich im Kalender. Der Zug würde wohl flott vorankommen und so nicht einzuholen sein. Daher bin ich in die Gegend um Vienenburg gefahren, um ihn dort in der freien Landschaft zu erwischen. Mit etwas Glück dann noch in Wernigerode beim Rangieren für die Rückfahrt.

Als ich am recherchierten Fotopunkt ankam, wurde klar, dass die Strecke dort vollständig im Schatten lag. Gleichzeitig bekam ich eine Message, dass der Zug mit 40 Minuten Verspätung in Köln abgefahren war. Genug Zeit, einen besseren Standpunkt zu suchen. Nicht ganz einfach, wenn man die Gegend nicht kennt. Am Ende entschied ich mich für eine Stelle kurz vor Ilsenburg. In Sichtweite war ein beschrankter Bahnübergang, wo sich schon einige Eisenbahnfans tummelten. Ich blieb in Entfernung, denn mir ging es um ein Bild vom Zug in der Landschaft. Die Schrankenanlage würde mich hoffentlich rechtzeitig auf den herannahenden Zug aufmerksam machen.

Das Wetter war extrem stürmisch und wechselte ständig zwischen sonnig und Platzregen. Die Überlegung mit der Schranke erwies sich als Fehlkalkulation, denn die Blinklichter gingen erst an, als der Zug schon mitten im Bild war. Ich hatte aber Glück, denn zufällig schaute ich im richtigen Moment auf die Strecke und sah den Zug schon, als die Schranke noch offen war. Und die Wolken hatten auch ein Einsehen.

220 033 und 215 028 mit Sonderzug von Köln nach Wernigerode

Entgegen der Ankündigung läuft an zweiter Stelle ein Diesel aus der V160 Serie der späten 60er Jahre. Mit ihrer geknickten Front hat die ebenfalls ein markantes Aussehen. Die V200 sind zweimotorige Loks, die V160 dagegen einmotorig aber gar nicht viel schwächer. Nun ja, dazwischen liegen 10 Jahre Motorenentwicklung.

Hinter den Loks laufen vier Euro-Express Wagen in italienischer Lackierung, dahinter Wagen aus dem Rheingold-Zug vom Freundeskreis Eisenbahn Köln. Man sieht an fünfter Stelle im Zug den Gesellschaftswagen WGm, dann ein 2. Klasse Abteilwagen von 1931, der Speisewagen von 1928, das Berühmte Dom Car mit der Aussichtskanzel im Dach und ein Service und Generatorwagen von 1953.

V200 033 der Eisenbahnfreunde Hamm und 225 028

Obwohl Ilsenburg weit weg von der nächsten Auffahrt zur B6 liegt schaffe ich es gerade noch rechtzeitig bis Wernigerode, um den Zug dort zu erwischen als er einläuft.

In Wernigerode setzen die Loks um und werden dann von einem Diesellieferanten aus dem LKW betankt.

fotogen posieren in Wernigerode die 215 028 der EfW-Köln und die V200 033

Die 215 028 der EfW ist eigentlich die 225 028 und hat an einer Front das EfW-Logo mit einem nachgemachten DB-Keks überklebt.

Nebenbei läuft nebenan der Dampflokbetrieb der Harzer Schmalspurbahnen. Viele Teilnehmer des Sonderzuges steigen um in einen Zug Richtung Brocken. Der Berg ist allerdings heute gesperrt, denn oben fegen Orkanböen über den Gipfel. Daher werden sie nur bis Schierke fahren können.

langes Leben

Die E-Lok 140 772 muss damals brandneu gewesen sein und der frische Lack hat mich wohl bewogen, ein Bild zu machen und damit mein knappes Taschengeldbudget zu belasten. Aus dem Umfeld auf dem Film hatte ich das Aufnahmejahr 1969 geschätzt. Offenbar war der Film aber lange in der Kamera, denn 1969 kann nicht stimmen, weil die Lok erst am 19.3.1970 abgenommen und dem BW Hagen Eckesey zugeteilt wurde. (Quelle)

140 772 im BW Hagen Eckesey, 1970

Gibt man die Loknummer bei Google Bildsuche ein, dann findet man sie in unterschiedlichen Lackierungen. Mein Bild zeigt sie im Auslieferungszustand in chromoxidgrün. 1986 erhielt sie dann die zweifarbige Lackierung in ozeanblau/beige zunächst mit dem schwarzen DB-Logo, der dann irgendwann dem roten DB-Keks wich. Die Farbwariante orientrot mit hellem Lätzchen blieb ihr wohl erspart. Stattdessen trug sie ab Ende 2000 einen verkehrsroten Anstrich mit dem weissen Warnbalken zwischen den Lampen ebenfalls mit rotem DB-Keks. Da ich damals keine teuren Filme für E-Lokbilder verschwendete, hab ich da keine eigenen Fotos. Andererseits finde ich auf dem Netz kein Foto, welches die Lok wie meins oben in grün zeigt. Die Lok wechselte dann mehrfach den Besitzer innerhalb des DB-Konzerns. 2012 wurde sie an RBH verkauft. Diese aus den Ruhrkohle RAG Bahn und Häfen hervorgegangene Gesellschaft gehörte da aber schon ebenfalls der DB. Dennoch hatte das Auswirkungen auf das Aussehen der Lok. Der DB Keks verschwand und auf der Seite prangte das RBH-Logo. 2015 wurde die Lok dann von der Erfurter Bahnservice GmbH übernommen. Die lackierten die Lok schwarz und versahen sie nach einiger Zeit mit dem EBS Corporate-Design. Zusammen mit einer Schwesterlok fährt sie regelmässig in Doppeltraktion auf der NordSüdStrecke und so habe ich sie mehrfach vor die Linse bekommen. Besonders im heissen Sommer 2018, als die Werra so wenig Wasser führte, dass der Kalibergbau seine Laugenabwasser per Bahn zur Küste schicken musste, um die zulässige Salzkonzentration im Werrawasser nicht zu überschreiten, konnte man sie täglich vor Kesselzügen mit Lauge sehen.

140 772 und 140 789 zwischen Northeim und Nörten-Hardenberg am 12. April 2018

Neben der Lackierung fallen die geänderten Puffer beim Vergleich der Bilder auf. Inzwischen werden die 140er schon sehr rar auf deutschen Gleisen. Möge diesem gepflegten Exemplar noch lange unfallfreie Jahre beschieden sein.